PROLOG
Wir bitten Sie uns Ihre Aufmerksamkeit zu gönnen
denn alle spielen so gut sie können
sie haben noch wenig Bühnenerfahrung
Ihre Kritik wird ihnen Nahrung.
Wir haben das Stück ein wenig umgestellt,
hoffen jedoch, dass es Ihnen gefällt.
Als moderne und aufgeklärte Leute
sind wir dafür, dass bei uns heute
die Patienten der Irrenanstalt
nicht mehr darben unter Gewalt
sondern sich in Bildung und Kunst betätigen
und somit die Grundsätze bestätigen
die einmal in Frankreich im Dekret
der Menschenrechte für immer geprägt.
In England, im Park zu Potheringhay,
geschah zuvor einiges Weh.
Doch sehen Sie selbst sich die Geschichte an
ich öffne die Pforten, wir fangen an.
PETER WEISS über die "Patienten" in seinem Drama
„Die Verfolgung und Ermordung Jean Paul Marats dargestellt durch die Schauspielgruppe des Hospizes zu Charenton unter Anleitung des Herrn de Sade“:
PATIENTEN
als Nebenfiguren, Stimmen, Pantomimen und Chor. Sie treten je nach Gebrauch auf, entweder in ihrer weißen Anstaltskleidung oder in primitiver Kostümierung. Diejenigen, die nicht zum Spiel benötigt werden, geben sich ihren autistischen Übungen hin. Einige von ihnen führen stereotype Bewegungen aus, drehen sich im Kreis, hüpfen, murmeln halblaut vor sich hin, brechen in scheinbar unmotiviertes Lachen oder Schreiben aus, oder verharren während des ganzen Spiels in einem Stupor. Andere lassen sich willenlos hierhin und dorthin schieben. Es gibt aber auch ein paar, die die Handlung aufmerksam betrachten und daran erinnern, dass in Charenton nicht nur Geisteskranke interniert waren, sondern auch Menschen die der napoleonischen Gesellschaft aus politischen Gründen unliebsam waren.
Elisabeth von England
"Klassik - mal anders" ist sicherlich nichts Neues mehr. Auch die Idee "Theater im Theater", umgesetzt in "Spektakel im Irrenhaus", stammt nicht von uns. An diese Gedanken kluge Menschen vor uns knüpfen wir jedoch an und starteten so unseren 1. Versuch, Theater zu spielen. Wir sind die neue Theater-AG des Lise-Meitner-Gymnasiums, die aus Schülern und Schülerinnen der Jahrgangsstufen 8-11 besteht und sich erst in diesem Schuljahr zusammengefunden hat. Aus Schillers Trauerspiel "Maria Stuart" wollten wir weder ein modernes Märchen noch eine billige Komödie machen. Wir hielten uns also an den Originaltext und veränderten lediglich die Umstände. So wird Maria z.B. sanft in einen Kinderwagen gebettet und Elisabeth nicht ganz den damaligen Maßstäben entsprechend hereingefahren werden.
Der Dritte Akt
Elisabeth von England
von Friedrich Schiller und Peter Weiss
Die Personen und ihre Darsteller |
Besetzung am 27.06. und 01.07.1986 |
Besetzung am 30.06. und 12.07.1986 |
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Elisabeth |
Königin von England |
Christiane Willmann |
Swantje v. Hettinga Voß |
Maria Stuart |
Königin von Schottland, Gefangene in England |
Susanne Schiefke |
Susanne Riemenschneider |
Robert Dudley |
Graf von Leicester |
Anne Konnertz |
Anne-Kristin Herzer |
Georg Talbot |
Graf von Graf von Shrewsbury |
Melanie Wankell |
Bojan Vuletic |
Amias Paulet |
Ritter, Hüter der Maria |
Andrea Wagner |
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Mortimer |
sein Neffe |
Ralf Krüger |
Ralf Krüger |
Okelly |
Mortimers Freund |
Jan Wilkopp |
Christian Baumann |
Hanna Kennedy |
Amme der Maria |
Tanja Bartnick |
Nora Schümann |
Aufseher der Irrenanstalt |
Andrea Wagner |
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Patienten der Irrenanstalt |
Constanze Bergemann, Claudia Brand, Liliana Eucker, Kirsten Giesenfeld, Abigail Hoth, Nicole Jouliet, Florence Radon, Yvonne Wannau, Silke Winkelsträter |
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Beleuchtung |
Jörg Ebel,
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Bühnenbild |
Vanessa Lahnstein, Nadja Rößner, Ana Miralles-Mascarell,
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Computerprogramm |
Helwig Hassenpflug |
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Fernsehrealisation |
Wolfgang Lorentzen, Florence Radon |
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Kostüme |
Vanessa Lahnstein, Nadja Rößner, Ana Miralles-Mascarell |
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Maske |
Cordula Brune, Nicole Frankenstein, Anne Konnertz, Gabi Reuland |
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Motorradfahrer |
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Ton |
Nicole Jouliet, Robin Schiefke |
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Regie |
Horst Riemenschneider |
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Friedrich Schiller
Maria Stuart
Trauerspiel in fünf Aufzügen
Erste Aufführung: 14. Juni 1800 in Weimar
...Eine Jagd in der Nähe von Fotheringhay gibt Elisabeth Gelegenheit, Maria "wie von ungefähr" zu treffen. Es kommt zur Begegnung der beiden Königinnen. Aber der Ausgang des Gesprächs ist völlig anders als erwartet. Maria, von Shrewsbury nachdrücklich zur Besonnenheit und Beherrschung ermahnt, gibt sich alle Mühe, ihre durch die Jahrelange Haft aufspeicherten Hass- und Rachegefühle zu unterdrücken. Demütig beugt sie ihre Knie vor der "glücklicheren Schwester". Sie erinnert an das gemeinsame Tudor-Blut, das in ihren Adern fließt, und fleht sie um Gnade an. Ja, sie entsagt "jedwedem Anspruch auf dies Reich". "Ihr habt's erreicht, Ich bin nur noch der Schatten der Maria." Doch als Elisabeth die Frau in ihr beleidigt, ihr vorwirft, alle ihre bisherigen Freier getötet zu haben wie ihre Männer, ist es mit Marias Mäßigung dahin. Sie beleidigt nun ihrerseits die Frau in Elisabeth, indem sie ihr vorwirft, "die wilde Glut verstohlener Lüste" nur scheinbar mit dem Ehrenmantel der Tugend überdeckt zu haben, mehr noch: Maria rührt an den wunden Punkt von Elisabeths Abstammung: "Der Thron von England ist durch einen Bastard entweiht, der Briten edelherzig Volk durch eine listige Gauklerin betrogen! Regierte Recht, so läget ihr vor mir im Staube jetzt, denn ich bin euer König." Damit hat Maria ihr Schicksal besiegelt. Zu ihrem Unglück glaubt sich Mortimer, der Zeuge des Streites der Königinnen war, nun erst recht zu ihrem Retter aufgerufen, ja bei der unsicheren Haltung Leicesters auch zu ihrem Geliebten ("Ich rette dich, ich will es, so wahr Gott lebt! ich schwör’s, ich will dich auch besitzen"). Die ohnehin äußerst kritische Lage wird dadurch noch verschärft, dass auf die Königin Elisabeth auf dem Heimweg nach London ein Mordanschlag von einem der Mitverschworenen Mortimers verübt wird. Der alte Shrewsbury hat den Stoß des Mörders aufgefangen, so dass Elisabeth verschont blieb. Aber das Ende Marias ist nun so gut wie gewiss."
aus: Reclams Schauspielführer, Stuttgart 1955
Bertolt Brecht
Maria Stuart
Sie pudert sich vor dem Spiegel, während sie die Arien singt. Das letzte sind ihre schönen Hände, die sehr weiß sind. Ihretwegen trägt sie die schwarzen Kleider.
Die katholische Riechwasserschwemme, die alternde Kokotte, die sich auskennt. Heftig, eitel, mit Haltung. Allein sinkt sie zusammen.
Burleigh, die Bulldogge, die derlei Weiber kennt. Mit ihr redend, macht er ein Toilettenschränkchen auf, er riecht an einem Fläschchen, was sie rasend macht und zu einer schönen Arie begeistert. Letzter Akt.
Was sie mit ihren letzten fünf Minuten anfängt. Während sie ihren seit Wochen einstudierten Abschied von den Mädchen nimmt mit einer leisen, etwas verschleierten Stimme - in der Musik ist, dass sie weinen sollen. Aber etwas entfernt und nicht bei der Sache blickt sie beinahe unentwegt auf eine weiße große Wanduhr hinten, denn es sind die letzten fünf Minuten.
EPILOG
Geehrtes Publikum in aufgeklärter Zeit
nach dieses Blick in die Vergangenheit
wenden wir uns wieder der Gegenwart zu
die uns heute wenn auch nicht mit Ruh
so doch mit Zuversicht füllt vor dem Morgen
von dem es heißt es sei ohne Sorgen
Ehe Sie hinausgehen an den Türen
lassen Sie uns alle spüren
dass dies nicht die letzte Vorstellung in diesem Haus
und damit ist die Vorstellung aus!